Skulpturenpark Forma Viva | Portoroz/Slowenien 1993
Im Jahr nach Ende des Jugoslawienkrieges wurde Hartwig Mülleitner nach Slowenien eingeladen, um in Portoroz (in einem der vier Skulpturenparks in Slowenien) eine Skulptur zu realisieren, die sich mit der Thematik Krieg befasst. Er setzte sich intensiv mit dem auseinander, was dort in den vergangenen Jahren passiert war und was ihn spürbar umgab, um dies wiederum in die Geschichte seiner Skulptur einfließen zu lassen. Der Krieg hatte etwas geteilt, was früher ein Ganzes war, er setzte sich deswegen mit der Frage auseinander, in welcher Beziehung das „Geteilte“ zueinander steht. Die Halbinsel, auf der sich der Skulpturenpark befindet, ist dort, wo das Wasser auf den Himmel trifft, von einem knallharten, geradlinigen Horizont umgeben. Die Vertikale dazu bilden die endlos anmutenden Pinien, die sich hoch in den Himmel strecken. Das Kreuz sieht Hartwig Mülleitner weniger als Symbol. Vielmehr macht er damit Raumachsen sichtbar, er verwendet es als einfachste Form, um die Horizontale mit der Vertikalen zu verbinden.
Das Arbeitsprinzip ist sein bewährtes: den Stein zu teilen und wieder so in Beziehung zu setzen, dass die Teile miteinander korrespondieren. An den eingeschnittenen Passformen kann man erkennen, wie die Steine wieder neu zusammengestellt werden. Allerdings hat der Bildhauer die einzelnen Steine bewusst nicht ineinander, sondern dicht nebeneinander, aber doch deutlich voneinander getrennt positioniert.
So wie Krieg und Frieden häufig nah beieinander liegen, ist es auch mit Zerstörung und Wiederaufbau. Oft weiß man in diesem Land gar nicht genau: Ist etwas kaputt oder werden die Teile repariert oder gerade neu geordnet? Manchmal scheint es notwendig zu sein, etwas zu zerstören, um Platz für Neues zu schaffen.
Für den Künstler ist es aber nicht unbedingt wichtig, dass der Betrachter sein gedankliches Konzept immer genau nachvollziehen kann. Viel wesentlicher ist für ihn, was der „Benützer“ erfährt und spürt. Hartwig Mülleitner: „Und wenn einer nur von der Komposition und der Masse beeindruckt ist und sich gar keine Gedanken macht, ist mir das auch recht. Und wenn ein anderer es als harmonischen Ort empfindet und darauf sein Frühstücksbrot isst, dann ist auch schon etwas passiert. Ich möchte Skulpturen machen, die ‚genützt‘ werden – in jeglicher Form einer Auseinandersetzung.“